![]() Die technische Kernfunktion einer Mailinglist besteht darin, eine E-Mail in Kopie an sämtliche E-Mailadressen, die in einer Adressliste verzeichnet sind, weiterzuleiten. Damit ein Interessent an einer Mailinglist teilnehmen kann, muss sich dieser entweder in die Adressliste, dies ist die Mailinglist im engeren Sinne, einschreiben oder jemand anderes, typischerweise der Verwalter der Mailinglist ("Listowner"), ist berechtigt, E-Mailadressen in die Mailinglist einzutragen.(Endnote 1) Damit eine E-Mail an sämtliche Mitglieder der Mailinglist weitergeleitet wird, schickt der Autor oder die Autorin diese an die Adresse der Mailinglist.(Endnote 2) Mailinglists werden ganz überwiegend sowohl für offen zugängliche als auch für geschlossen-interne Kommunikationen innerhalb einer Gruppe bzw. Organisation genutzt. Während bei offen zugänglichen Mailinglists der Zweck durch Vorgabe eines mehr oder weniger enggeschnittenen Themas ausgewiesen ist, zeichnen sich interne Mailinglists oftmals dadurch aus, dass ihr Zweck darin besteht, ohne thematische Festlegung einfach die Möglichkeiten elektronisch gestützter Kommunikationen für die spezifischen Belange einer Gruppe bzw. Organisation nutzbar zu machen, insbesondere in einer heterogenen Netzinfrastuktur. Dessen eingedenk läßt sich eine Mailinglist wie folgt definieren: Definition 1: Eine Mailinglist bezeichnet ein Verbreitungsmedium zur Verteilung von E-Mails innerhalb einer endlichen Menge an E-Mailadressen zu einem ausgewiesenen Thema oder Zweck. Der problematischste Aspekt dieser Definition, die weiter unten noch um Aspekte der Unterscheidung von Mailinglists untereinander ergänzt werden wird, besteht darin, dass von der endlichen Menge an E-Mailadressen nicht auf ein klar definiertes Set an Empfängern rückgeschlossen werden kann bzw. sollte.(Endnote 3) Während sich bei gruppen- bzw. organisationsinternen Mailinglists der Empfängerkreis anhand überprüfbarer Zuordnungen von E-Mailadressen und Personen in der Regel umstandslos ermitteln läßt, ist dies bei offen zugänglichen Mailinglists nicht ohne weitere Anstrengungen möglich. Ganz abgesehen von der immer gegebenen Möglichkeit, dass Mailinglistbeiträge offen zugänglicher Mailinglists an Nichtmitglieder (durchaus automatisiert) weitergeleitet werden können, kann sich hinter jeder E-Mailadresse eine weitere Mailinglist bzw. eine E-Mailadresse einer Organisation verbergen, die zentral eintreffende E-Mails an ihre Mitglieder intern weiter verteilt, ohne dies dem Mailinglistbetreiber gegenüber offenzulegen. Selbst wenn in einer Mailinglist ein typischer Vorname Bestandteil einer E-Mailadresse sein sollte, so kann es sich dabei trotzdem um einen Automaten handeln, der E-Mails zu verschicken bzw. auf E-Mails differenziert zu reagieren in der Lage ist.(Endnote 4) Allgemeiner betrachtet ist die Zurechnung von Kommunikationen auf Personen (oder Organisationen) in einem elektronisch zugänglichen Verbreitungsmedium grundsätzlich fragwürdig, denn neben Personen sind auch (Teile von) Organisation und sogar Maschinen adressierbar. Etwaige Reichweitenabschätzungen, insbesondere bei offen zugänglichen Mailinglists, sollten insofern nicht allzu kurzschlüssig erfolgen. Diese für Mailinglists typische Art der Unwägbarkeit bei der Abschätzung des Adressatenkreises gilt in einem weitaus stärkeren Maße auch für andere "Verbreitungsmedien" (vgl. Luhmann 1997) wie Bücher, Zeitschriften und Zeitungen sowie Fernseh- und Radiosendungen. Im Unterschied zu diesen lassen sich bei Mailinglists die Empfänger jedoch im Prinzip mit der Bitte anschreiben, mitzuteilen, in welchem Umfang sie Beiträge aus einer Mailinglist weiterleiten und ob sie Automaten seien oder nicht. Und im Vergleich zu anderen elektronisch zugänglichen Foren wie Newsgroups, Chats und Webforen ist es bei Mailinglists zudem bedeutend leichter, den Adressatenkreis für derartige Nachfragen zu bestimmen. Insofern bestehen bei offen zugänglichen Mailinglists vergleichsweise die besten Chancen, den Adressatenkreis der Empfänger (bzw. potentiellen Sender) von Beiträgen zu bestimmen, weshalb ich die obige Definition auch bei offen zugänglichen Mailinglists für im Ganzen noch gerechtfertigt halte. 2.1 Die Anzahl der Mailinglists weltweitWollte man die Zahl an Mailinglists abschätzen, so liesse sich dies nicht sinnvoll durchführen, allein deshalb, weil sich interne Mailinglists spontan bei Bedarf ebenso schnell gründen wie wieder abreißen lassen. Selbst grobe Ansprüche an den Erhalt eines Überblicks sind nicht erfüllbar, weil man davon ausgehen muss, dass wenn nicht heute, so doch in nächster Zeit absehbar jede Organisation über einen allgemein-organisationsweiten sowie einen spezifisch-abteilungsweiten Newsletter auf Mailinglistbasis verfügt.(Endnote 5) Und auch das Themenangebot offen zugänglicher Mailinglists ist unüberschaubar, selbst wenn man das Angebot von Mailinglist-Katalogen wie beispielsweise liszt, lisde oder meta-list und selbstverständlich guten Web-Suchmaschinen wie beispielsweise Metacrawler, MetaGer, MetaSpinner oder Google nutzt. 2.2 Ein Vergleich mit anderen per Internet zugänglichen VerbreitungsmedienGegenüber anderen ebenfalls per Internet zugänglichen Foren wie Newsgroups, Chats oder Webforen, weisen Mailinglists, im Hinblick insbesondere auf wissenschaftlich orientierte Diskurse, denen nachfolgend die Konzentration gilt, Eigenschaften auf, die zwecks weiterer Konturenschärfungen kurz angesprochen werden sollen: Öffentliche Newsgroups sind, im Unterschied zu Mailinglists, auch für thematisch nicht instruierte Nutzer spontan zugänglich. Dieser Vorteil, der sich insbesondere in der Unkontrollierbarket des Mitteilungsflusses auszeichnet, ist zugleich ein Nachteil, weil nur wenige schlechte Beiträge von thematisch ungebundenen Spontannutzern ausreichen, um eine Newsgroup auf lange Zeit für engagiert-gehaltvolle Debatten zu entwerten.(Endnote 6) Bei offen zugänglichen Mailinglists werden thematisch ungebundene Destruktivbeiträge dadurch unwahrscheinlicher gemacht, dass Teilnehmer sich vor ihrer Teilnahme in die Mailinglist einschreiben müssen. Die Nutzung von Chats ist, anders als die von Mailinglists und Newsgroups, synchron an Zeit und an die Nutzung des gleichen Internet-Relay-Chat-Servers gebunden. Der Vorteil von Chats, nämlich dialogisch verfaßt zu sein, so dass ein Gefühl der Nähe, der Verbundenheit und der Verantwortung für das Gelingen der Kommunikation unter den Teilnehmern entstehen könnte, ist zugleich ein Nachteil, weil sich komplexere Argumentfolgen nicht in Sekunden entwickeln lassen. Die Abfolge der meist nur wenige Sätze umfassenden Beiträge in den Chatrooms ist dafür zu nervös. Wer in Chat-Debatten hinreichend extrovertiert auftritt und schlicht schneller schreiben kann "gewinnt". Chats können sinnvoll eingesetzt werden, wenn die Regularien innerhalb einer festumrissenen Teilnehmergruppe nicht erst ausgehandelt werden müssen und es darum geht, entweder schnell brennende Fragen zu klären, sofern prinzipielle Übereinstimmung besteht oder um kontroverse Standpunkte voneinander abzugrenzen. Sie bedürfen dann aber in jedem Fall einer Ausarbeitung und Aufbereitung.(Endnote 7) In offen zugänglichen Webforen hat man ebenso mit spontan geschriebenen Beiträgen zu rechnen, deren Teilnehmer sich nicht in jedem Falle durch Kenntnisreichtum auszeichnen möchten. Deshalb schränken viele Betreiber von Webforen entweder durch die Aufforderung zum Registrieren den Nutzerkreis ein oder sie betreuen ihre Webforen redaktionell. Mag Registrieren oder eine redaktionelle Betreuung zum Erreichen eines erwartbaren Niveaus auf den ersten Blick auch für engagierte Nutzer attraktiv erscheinen, so nehmen sich die meisten Webforum-Betreiber dadurch das Recht, die aus ihrer Sicht unangemessenen Beiträge bzw. die Adressen der Nutzer umstandslos zu löschen. Die Mitglieder bzw. Teilnehmer solcher Foren müssen sich deshalb mit Teilnahmebedingungen einverstanden erklären, wonach jeder in diesem Forum geschriebene Beitrag den Forumbetreibern zufällt. Dadurch wird die klassisch Form der Herstellung von Öffentlichkeit auch im neuen Medium reproduziert - ein Umstand, der insbesondere erfahrenen Netznutzern aus der Frühzeit der Netznutzung als unangemessen aufstößt. Und es sind denn auch exakt die Betreiber klassischer Publikationsmedien, die sich bevorzugt solcher Webforen bedienen.(Endnote 8) Desweiteren kommt als Nachteil hinzu, dass Teilnehmer ein Web-Forum aktiv anwählen (und unter Umständen einige Kosten dafür in Kauf nehmen) müssen. Die strategischen Überlegungen von Webforen-Betreiber zielen deshalb darauf, insbesondere durch permanent neue Meldungen eine Nutzerbindung zu erzielen, so dass Neueinsteiger durchaus auch ohne konkreten Anlaß motiviert sein könnten, das Forum aufsuchen. Die Existenz einer Mailinglist bringt sich dagegen zwangsläufig mit jedem Beitrag erneut ins Gedächtnis. Das Web ist deshalb vornehmlich zur ersten Kontaktaufnahme zwischen Institutionen und deren Nutzer, zur Bereitstellung von standardisierten Datenbankzugriffen sowie für die Publikation von als abgeschlossen deklarierten Dokumenten (darin können auch Audio- und Videodaten eingeschlossen sein) geeignet. Im Vergleich mit den so überaus komfortabel zugänglichen Webpublikationen werden die Möglichkeiten von Mailinglists in der Regel unterschätzt, vermutlich deshalb, weil die Leistungsfähigkeit von Mailinglists zunächst nicht so sinnfällig erbracht wird und sie nur einen schlichten Mailzugang, der durchaus von einer als Hobby betriebenen Mailbox in einem Entwicklungsland gestellt werden kann, voraussetzen. Dass sich Mailinglists, im Unterschied zum Web, als Pushmedium besonders gut eignen, scheinen inzwischen jedoch immer mehr Institutionen zu bemerken. Deshalb gehen sie dazu über, "Kundenbindung" sowohl über Selbstdarstellungen im Web als auch über Newsletter auf der Basis von Mailinglisttechnik herzustellen. Mailinglists spielen überall dort eine zunehmend wichtigere Rolle, wo mehrere Menschen ohnehin miteinander im Austausch per E-Mail stehen. Mailinglists einzurichten empfiehlt sich immer dann, wenn es gilt,
2.3 Die TechnikDie Grundfunktion einer Mailinglist, E-Mail in Kopie an mehrere Empfänger zeitnah und nahezu gleichzeitig zu verteilen, kann ohne besonderen technischen Aufwand mit jedem modernen E-Mailprogramm realisiert werden, indem beispielsweise die E-Mailadressen der Gruppenmitglieder über eine einzige symbolische E-Mailadresse ("Alias") angesprochen werden. Wenn der Empfänger einer solchen E-Mail dann mit einem Befehl wie "Gruppenantwort" (Englisch: "group-reply") antwortet, wird diese Antwortmail wiederum an sämtliche Mitglieder geschickt. Richtet ein jedes Gruppenmitglied einen solchen Alias, hinter dem sämtliche E-Mailadressen der Gruppenmitglieder aufgezählt sind, bei sich ein, ist die Kernfunktion einer Mailinglist nachgebildet. Für kleine, geschlossene Benutzergruppen und für kleine Projekte kann ein solches Verfahren durchaus ausreichen. Unter einem Unix-System würde man eine derart einfache Mailverteilungsfunktion über Adresseinträge in die /etc/aliases- oder als eine Datei (typischerweise .forward genannt) eines eigens dafür eingerichteten Pseudonutzers realisieren. Mails, die bei einem solchen Adresseintrag bzw. Nutzer eintreffen, werden dann automatisch an sämtliche dort eingetragenen E-Mailadressen weitergeleitet. Allerdings bietet diese Lösung wie auch die zuvor geschilderte wenig Komfort. Mailinglists mit großem Mitglieder- und Beitragsaufkommen werden sinnvollerweise mit speziellen Mailinglistserver-Programmen abgewickelt. Als Beispiele für Mailinglistserver-Programme sind der listserv, majordomo(Endnote 9) und listproc als traditionell viel eingesetzte Programme sowie der petitdomo, smartlist und rnalib als kleinere Programme zu nennen. Generell machen diese Programme den Umgang mit Mailinglists für Anwender und Betreiber komfortabler und gestatten vor allem die Realisierung verschiedener Organisationsformen. So schätzen Betreiber von Mailinglists die Automatisierung des Betriebsablaufs und die Anwender die Zugänglichkeit eines Archivs sowie statistischer Kennzahlen oder die Möglichkeit zur Einrichtung einer Digestfunktion(Endnote 10) . Komplexere Mailinglistssoftware der neuesten Generation, wie etwa MailMan oder EZMLM, zeichnet sich für Betreiber insbesondere durch einen intelligenten Umgang mit solchen Adressierungen aus, die Fehler erzeugen. 2.4 Das PersonalAm Gelingen einer Mailinglist als Kommunikationsform sind unterschiedliche Personengruppen beteiligt, die üblicherweise in "Betreiber" und "Anwender" unterschieden werden. Eine solch grobe Differenzierung reicht für die vorliegende Untersuchung nicht aus. Zur Bezeichnung des Personals, das für das Funktionieren von Mailinglists Voraussetzung ist und zugleich die gestiegene Komplexität der Organisationen, die Mailinglist betreiben, anzeigen, sind zumindest die folgenden Unterscheidungen zu treffen:
Der Besitzer, System-Administrator und Listowner werden zumeist als Mailinglist-Betreiber bezeichnet, insbesondere wenn eine Mailinglist privat von einer einzelnen Person, die diese Funktionen ohnehin ungeschieden übernimmt, betrieben wird. Die explizite Differenzierung dieser Funktionen ist deshalb ein Indikator für die Professionalisierung der Mailinglistorganisation. Die Mitglieder und Teilnehmer werden zusammengefaßt als Anwender, Mailinglist-Nutzer oder User bezeichnet. Die Organisationsform einer Mailinglist, die im nachfolgenden Kapitel thematisiert wird, setzt diese Personen in verschiedene Machtverhältnisse zueinander. 2.5 Die OrganisationsformenDie Organisationsform einer Mailinglist ist das Ergebnis dreier Konditionierungen, nämlich unter welchen Bedingungen a) aus Interessenten Mitglieder einer Mailinglist werden können (Zugangsberechtigung), b) Mitgliedern die Publikation von Beiträgen gewährt wird (Publikationsberechtigung), c) die Beiträge von Mitgliedern einer Begutachtung unterliegen oder nicht (Bewertungsberechtigung). Anhand dieser drei Kriterien lassen sich die Organisationsformen von Mailinglists unterscheiden bzw. von dem Listowner einer Mailinglist aufsetzen:
Die folgenden vier Konstellationen von Personal und Organisationsform sind für Mailinglists derzeit typisch: Spontan zustandegekommene Arbeitskreise, Strategie- oder Entwicklergruppen bevorzugen typischerweise geschlossene und allseitige Mailinglists ohne eine zentrale Bewertungsinstanz, in der arbeitsteilig, unter Wertschätzung der speziellen Kompetenzen der Beteiligten, zusammengearbeitet wird. Das Niveau und die Anzahl der Beiträge lassen sich informell regeln. Bei Bedarf können darüberhinaus weitere, gerade auch externe Mitarbeiter in die Mailinglist aufgenommen werden, weil weder die Verwendung eines bestimmten Betriebssystem noch eines Formats einer bestimmten Textverarbeitung, Tabellenkalkulation oder Datenbank Voraussetzung sind.(Endnote 13) Derartig organisierte Mailinglists liessen sich übergreifend als Projektmailinglists bezeichnen. Bei den wissenschaftlich orientierten Mailinglists findet man ein breites Spektrum an Organisationsformen. Eine kleine Expertengruppe, die vielleicht gemeinsam an einer Publikation arbeitet, wird ebenso wie eine international kooperierende Forschungsgruppe, eine geschlossene, allseitige und unmoderierte Liste bevorzugen. Mailinglists, die parallel zu einer klassischen Papierpublikation, etwa einer Zeitschrift, betrieben werden, bevorzugen eine geschlossene, allseitige aber oftmals auch moderierte Form der Kommunikation oder eine mehrseitige und bewertete Form, die im Grunde einer traditionellen redaktionellen Moderation gleichkommt. Da die Orientierung am Diskurs für die wissenschaftliche Wahrheitskonstitution essentiell ist, operieren jedoch eine ganze Reihe an wissenschaftlichen Mailinglists offen-zugänglich, allseitig und unbewertet und kompensieren dadurch die Schwächen papierener Medien im Hinblick auf die tatsächliche Führbarkeit von Diskursen. Letztere Mailinglists, denen auch die hier untersuchten Mailinglists zuzuzählen sind, wären als Diskursforen im engeren Sinn zu bezeichnen. Mailinglists, die für spezielle Fragestellungen von öffentlichem Interesse eingerichtet wurden, und an denen typischerweise in großer Zahl sowohl Laien als auch Experten teilnehmen - als typische Beispiele denke man an medizinische Mailinglists -, bevorzugen offen zugängliche, häufig allseitige und in der Regel moderierte Mailinglists.(Endnote 14) Solche Mailinglists lassen sich als Podiumsdiskussionsforen bezeichnen. Inzwischen haben auch Unternehmen und die ersten Verwaltungen den Nutzen von Mailinglists entdeckt. Viele große Unternehmen, insbesondere aus dem Bereich der Netztechnik, versorgen ihre Interessenten und Kunden heute per Mailinglist mit aktuellen Mitteilungen.(Endnote 15) Firmen bevorzugen je nach Aufgabenstellung dafür entweder geschlossene (für den oftmals obendrein kostenpflichtigen Kundensupport) oder offen-zugängliche (für Firmen- oder Produktwerbung) Mailinglists, die fast alle einseitig ausgelegt sind. Kommerziell betriebene Mailinglists werden generell geschlossen und einseitig ausgelegt, deren Interessenten erst dann auf die Mailinglist gesetzt werden, nachdem sie dafür bezahlt haben. Dies ist häufiger bei solchen Mailinglists der Fall, bei denen exklusive und somit weiterverkaufbare Meldungen eingespeist werden. Bei einseitigen Mailinglists, die allein der Verlautbarung des Mailinglist-Betreibers dienen, können keine kritischen Diskussionen, die möglicherweise under cover durch Konkurrenten initiiert wurden, unkontrolliert aufbranden. Die meisten geschlossen und einseitig eingerichteten Mailinglists entsprechen insofern klassischen Presseverteilern, die zumeist als Newsletter bezeichnet werden. Offen zugängliche, einseitige Mailinglists entsprechen dagegen eher Hausmitteilungen oder Werbebroschüren. Die bereits oben angeführte allgemeine Definition einer Mailinglist kann nach dem bisher Gesagten wie folgt so spezifiziert werden, dass Mailinglists auch untereinander unterscheidbar werden: Definition 2: Mailinglists lassen sich untereinander unterscheiden anhand
Neben diesen zwei pragmatisch orientierten Definitionen von Mailinglist läßt sich im theoretisch strenger zugespitzten, soziologischen Sinne unter einer Mailinglist ein Diskursmedium verstehen, das eine generelle Führbarkeit von Diskursen auf der Basis des Verbreitungsmediums E-Mail ermöglicht. Die kommunikative Form einer Mailinglist operiert entlang von Beitrag und Nichtbeitrag. Die beiden Seiten Beitrag und Nichtbeitrag sind nicht instruktiv, sie legen thematisch nichts fest. Instruktiv ist dagegen die Differenz beider Seiten bzw. die Beobachtung, die entsteht, wenn die jeweils nicht-aktualisierte Seite mit einbezogen wird. Zuviele oder zuwenige und vor allem als falsch taxierte Beiträge ziehen Folgebeiträge nach sich, die genau das zum Thema machen. Wiederholen sich derartige Beiträge regelmäßig, sind Ausdifferenzierungen zu erwarten, etwa die Eröffnung einer thematisch spezialisierterer Mailinglists oder die Einführung einer Redaktion, Moderation oder eines Bewertungsverfahrens. Die Konditionierung der Beiträge durch die selbstreferentielle Schließung und dem fremdreferentiellen Umweltzugriff geschieht anhand von Themen bzw. Themenwechseln. Die Themen sorgen für den Anschluß von Beiträgen an Beiträge, die Themenwechsel für Neubeiträge und das Rekrutieren weiteren Personals. In diesem Sinne ist es zu rechtfertigen, von einer Mailinglist als einem sozialen System zu sprechen. Allerdings gelingt es nicht, Mailinglist-Systemen nur einem der drei Systemtypen - Interaktions-, Organisations- und Gesellschaftssystem (vgl. Luhmann 1997, Band 2: 595f) - zuzuordnen, weil auf Mailinglist-Systeme Merkmale von allen drei Systemtypen zutreffen: So ist die binäre Zuspitzung ein Kennzeichen von Gesellschaftsubsystemen. Die Voraussetzung einer Mitgliedschaft zur Teilnahme an einer Mailinglist ist typisch für Organisationen. Und die Kapazität der Kommunikationen wiederum entspricht weitgehend eher der von Interaktionssystemen unter Anwesenden. Insofern läge es nahe dafür zu plädieren, entweder die vorgelegte Systemtypologie neu zuzuschneiden oder aber wahrscheinlicher für Strukturen elektronisch gestützter Kommunikationen einen vierten Typus einzuführen. 2.5.1 Die typischen KonflikteDie Art der diskursiven Auseinandersetzung insbesondere in offen zugänglichen Mailinglists ist paradigmatisch für die spezifisch neue Qualität netzgestützer Kommunikation, Kooperation, Koordination, Konnektivität und Interoperationalität. Als Diskursforen organisierte Mailinglists brechen im Schriftmedium die vom Buchdruck erzeugte Trennung von Sender und Empfänger auf und stellen neue Formen für organisatorische Rearrangements zur Verfügung. Das bedeutet zugleich, dass mit der Zunahme der Nutzung von Mailinglists auch mit einem Anwachsen von bislang stillgelegten sowie neuartigen Konflikten zu rechnen ist. Bislang interessieren sich nur wenige Betreiber und Nutzer von Mailinglists für die damit einhergehenden konventionellen politischen Konfliktlagen. Solche konventionellen Konfliktlagen beträfen beispielsweise die der Legitimation von Entscheidungen der Mailinglist-Betreiber, der rechtlichen Absicherung der Listowner und Moderatoren oder auch die datenschutzrechtlichen Bestimmungen, die beim Betrieb einer Mailinglist einzuhalten sind. Einzig die Frage, inwieweit gehaltvolle Mailinglistbeiträge von anderen Mitgliedern in andere Medien transferiert verwertet werden dürfen, wird verläßlich wiederkehrend zumindest hin und wieder thematisiert. Solche klassischen Konfliktthemen sind trotz ihrer Dethematisierung durch die Technikentwicklungen nicht obsolet geworden, ganz im Gegenteil. Fragen wie die nach dem Eigentum an Texten (bzw. an den darin geäußerten Ideen) müssen dringend neu beantwortet werden, weil das Netz als Massenmedium sich in einer gesellschaftlich turbulenten Umgebung befindet, in der Konflikte nicht mehr allein durch die bislang im Netz vorherrschende "informelle" Regulierungsform der gentlemen-agreements, sozusagen im Modus virtueller Handschläge, beizulegen sind und rechtliche Konflikte, wenn sie zu lange offen gehalten werden, entweder durch den faktischen Technikeinsatz anschliessend nur noch schwer änderbar oder durch operative Hektik überstürzt festgeschrieben werden. Offen zugängliche Mailinglists wurden bislang überwiegend von besonders engagierten Einzelpersonen gegründet. In den Anfangszeiten der Mailinglist-Nutzung waren diese engagierten Personen auf die Infrastruktur der Universitäten oder Firmen mit großer EDV-Abteilung angewiesen, um den organisatorischen, technischen und finanziellen Betrieb einer Mailinglist nebenher aufrecht erhalten zu können. Seit Mitte der 80er Jahre war es dann auch einzelnen Personen in breitem Umfang möglich geworden, die technische Infrastruktur von Mailinglist privat finanzieren. Das lag zum einen am Preisverfall im Hardware-Bereich, an der allmählichen Ausbreitung von Unix-Know-How sowie insbesondere an der Entwicklung frei zugänglicher Unix-Betriebssysteme wie BSD und, ab den frühen 90er Jahren, insbesondere Linux. In den Pionierzeiten der Netznutzung, deren Ende sich mit dem Aufkommen des World-Wide-Web so um 1994 datieren liesse, waren Mailinglist-Mitglieder in der Regel froh darüber, dass ein Forum zur Verfügung gestellt wurde und sich jemand um die Bewältigung der Technik kümmerte. Das Interesse an Funktionalität ließ (datenschutz-)rechtliche oder demokratietheoretische Bedenken kaum aufkommen, zumal sich Benachteiligungen gegenenfalls über thematisch verwandte Newsgroups öffentlich wirksam beklagen liessen. Diese Kultur der Selbstermächtigung qua Engagement ist im Netz, trotz des anhaltenden Kommerzialisierungs- und Verrechtlichungsdrucks, weltweit noch immer in beträchtlichem Maße anzutreffen. Trotzdem hat sich die Situation ingesamt geändert, insbesondere weil Institutionen den Wert von Mailinglists sowohl für die interne wie auch externe Kommunikation entdeckt haben und damit formalisierte Rechtsansprüche an Bedeutung gewinnen. Während in offen zugänglichen Mailinglist die Frage latent im Vordergrund stehen mag, ob Beiträge daraus von jedem Mitglied beliebig weiterverwendet werden dürfen, stellt sich bei institutionalisierten Teilnehmern zusätzlich die Frage, was diese in welchem Ausmaß und welcher Form sagen dürfen. Bezogen auf Mailinglists und deren Betreiber und Nutzer lassen sich typische rechtliche und politische Konfliktfelder anführen, die im Zuge der Veralltäglichung des Umgangs mit dem Internet und den darauf aufsetzenden Netzdiensten an Bedeutung gewinnen: Dem Besitzer einer Mailinglist steht es frei, den Betrieb seiner Mailinglist einzustellen. Mailinglists werden insbesondere dann geschlossen, wenn die Mailinglistinfrastruktur privat finanziert wird. Mailinglists, die von öffentlichen Stellen betrieben oder zumindest finanziert werden, verfügen dagegen über Regeln, nach denen sie betrieben bzw. geschlossen werden. Die Besitzer privat betriebener Mailinglists schliessen ihre Listen erfahrungsgemäß umstandslos dann, wenn sie sich nicht länger für die Thematik der Liste interessieren oder aus ihrer Sicht die Relevanz zweifelhaft geworden ist und nur noch wenige Beiträge im Jahr über die Mailinglist verteilt werden. Oder sie schliessen, weil eine zu große Anzahl an Beiträgen an eine zu große Anzahl an Mitgliedern weiterzuleiten ist und die Betriebskosten den Kalkulationsrahmen übersteigen. Ein System-Administrator kann den Betrieb einer Mailinglist durch technische Unkenntnis oder natürlich aus Vorsatz stören, und sich die Arbeit des Mailinglistowners oder des Moderatoren anmaßen oder unterlaufen. Wenn es ihm beliebt, kann er Beiträge schlicht löschen oder den Verteilzeitpunkt von Beiträgen durch Manipulation des Mail-Transportprogramms(Endnote 16) hinauszögern und so einen nicht offensichtlichen, aber doch starken Einfluß auf Debatten nehmen. Zudem hat er Einblick in sämtliche Mitgliederdaten und Kommunikationsverläufe der von ihm technisch in Gang gehaltenen Mailinglists. Ein Mailinglistowner kann zumeist weitgehend unkontrolliert die Liste mit den Mailadressen der Mitglieder manipulieren. Die Betroffenen brauchen in der Regel lange, bis sie merken, dass der Mailinglistowner ihre Adresse aus der Mailinglist entfernt hat - im Konfliktfall kann ein Mailinglistowner zur Begründung technische Mängel bei den Betroffenen vorschieben. Technische Mängel, wie etwa vom Empfänger zurückgewiesene Mails ("bounced mail") oder schlecht eingestellte Antwortautomaten, die die Mailinglist fortgesetzt mit der Meldung penetrieren, dass ein Empfänger bis zum Ende des Monats im Urlaub sei, nehmen einige Mailinglistowner, und insbesondere Verwaltungsautomaten, zum Anlass, Mitglieder von der weiteren Teilnahme an einer Mailinglist auszuschliessen. Wichtiger weil subtiler ist, dass ein Mailinglistowner die Details der Art und Weise der Kommunikation und damit die Organisationsform einer Liste festlegt. Da er oftmals auch derjenige ist, der die Mailinglist initiiert hat, legt er beim Startup die Zugangs-, Publikations- und Bewertungsberechtigung fest und formuliert neben der Engfassung der Thematik die "Programmatik" der Liste, also in welcher Form die Thematik behandelt werden darf, beispielsweise ob wissenschaftlich oder nicht. Ferner obliegt es seiner Ausgestaltung der Nutzungsbedingungen, welche Datenformate er als unerwünscht erklärt oder ob er darauf besteht, dass die Teilnehmer unter ihren richtigen Namen oder auch unter erkennbaren Pseudonymen (wie etwa Saddam Hussein, Dwight Eisenhower...) teilnehmen dürfen. Er stellt ein, ob den Mitgliedern der freie Zugang auf Datenbestände der Mailinglist, beispielsweise auf die Liste der Teilnehmer oder auf ein regelmäßig erstelltes Beitragsarchiv, gewährt wird oder nicht. Viele Mailinglist-Betreiber machen das Archiv einer Mailinglist ohne Einschränkungen per Web zugänglich, was nicht allen Mitgliedern recht ist, weil dadurch beliebige Interessenten darauf zugreifen können.(Endnote 17) Moderatoren sehen sich naheliegenderweise dem Vorwurf ausgesetzt, sie zensierten letztlich willkürlich, insbesondere bei Mailinglists mit einem sehr hohen Beitragsaufkommen, zumal wenn sie mangels Zeit keine ausführlichen, auf den Text eingehenden Begründungen für zurückgewiesene Beiträge schreiben. Erfahrungsgemäß spielt dieser auf der Hand liegende Konflikt nur selten eine Rolle, weil die meisten Moderatoren Beiträge im Zweifel eher passieren als es auf eine zeitverschlingende Auseinandersetzung mit dem Autoren ankommen zu lassen. Die Mitglieder von Mailinglists können eine Mailinglist dadurch mißbrauchen, indem sie sich beispielsweise nur deshalb einschreiben, um an die E-Mailadressen der Liste zu gelangen. Solche Adresslisten von Mailinglists sind marketingmässig hochwertig, das heißt sie lassen sich kommerziell und womöglich auch politisch verwerten, weil den Mitgliedern dieser Liste ein bestimmtes Interessenprofil unterstellt werden darf. Und die Teilnehmer von Mailinglists können die Nutzung einer Mailinglist dadurch unattraktiv machen, indem sie fortgesetzt Beiträge auf schlechtem Niveau anfertigen, belanglose Kommentare schreiben, permanent persönlich provozieren, nicht beim Thema bleiben oder Beiträge in einem Textverarbeitungsformat verschicken, das nicht von allen Teilnehmern eingelesen werden kann. Ein Mißbrauch besteht auch dann, wenn eine auf die Ermöglichung von realen Diskursen zielende Mailinglist als ein billiger Vertriebskanal zum Versand abgeschlossener Publikationen benutzt wird. Bei geschlossenen-betriebenen Mailinglists spielen diese hier knapp angerissenen Konflikte eine eher geringe Rolle, weil der Betreiber einer geschlossenen Mailinglists zumeist in einem qualifizierten Vertrauensverhältnis zu den meist nur wenigen Mitgliedern steht. Anders sieht die Situation, insbesondere was die Ansprüche an Datenschutz der Mitglieder oder auch die Verfahren zur Auswahl und Bewertung von Mailinglist-Beiträgen angeht, bei offen zugänglichen wissenschaftsorientieren Mailinglists mit mehreren Hunderten oder Tausenden an Mitgliedern aus. Es lohnt, diesen Themen zu vertiefen. 2.6 Die datenschutzrechtlichen AspekteDer Datenschutz ist im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung ein Teil eines dilemmatösen Dreiecks, bei dem drei Ziele formuliert sind, die jeweils für sich Unbedingtheit beanspruchen, insgesamt jedoch nicht widerspruchsfrei realisiert werden können:
In Bezug auf elektronisch vernetzte Kommunikationstechniken zielt der Aspekt der technischen Funktionalität auf die von Nutzern gewünschten Netzdienste, wie beispielsweise Webzugang, E-Mail oder Videokonferenzen, die ein Betreiber möglichst ohne Einschränkungen den eigenen Benutzern bzw. den Interessenten und Kunden aus dem Netz in bestmöglicher Qualität, sprich hochverfügbar und mit maximaler Geschwindigkeit, zur Verfügung stellen möchte. Der Aspekt der technischen Sicherheit reicht von einer hinreichend redundant ausgelegten Rechnerausstattung bis vor allem zum Schutz vor Missbrauch der Rechner durch Hacker hin. Und unter dem Aspekt des Datenschutzes wird vornehmlich der Umgang speziell mit personenbezogenen Daten thematisiert. Der Umfang von auf Personen beziehbare Daten kann vom Eintrittsdatum eines Mailinglistmitglieds, über die E-Mailadresse, die auf den Arbeitgeber hinweist bis zur der Signature, also dem Abspann einer Beitrags, reichen, in der womöglich spezielle Vorlieben und die private Anschrift mitgeteilt werden. Die Steigerung der technischen Sicherheit kann die technische Funktionalität eines EDV-Systems beeinträchtigen, wenn beispielsweise durch Zuschnüren einer Firewall klassische Netzdienste wie FTP oder Telnet, aufgrund ihres hohen inhärenten Risikos als Einfalltor für Hackversuche oder aufgrund ihrer unverschlüsselten Datenweiterleitung auch von Passworten, nicht zugelassen werden. Ebenso kann der Datenschutz beeinträchtigt werden, wenn technisch bedingte Protokolldaten - beispielsweise diejenigen, die an einer Firewall ganz gezielt erzeugt werden, damit der Systemverwalter jedes einzelne Datenpäckchen aufs Bit genau beobachten kann, um auf etwaige Hacker-Angriffe reagieren zu können - für hochauflösende Benutzerprofile zusammengestellt werden.(Endnote 18) In der Praxis muss das Ausmaß der Oszillation des Arbeitspunkts eines EDV-Systems deshalb als Kompromiß innerhalb der vom dilemmatösen Dreieck aufgespannten Fläche liegen, wobei dieser kaum anders als durch empirische Optimierungen zu ermitteln ist, zumal es weitere limitierende Faktoren, wie etwa das des insgesamt angestrebten Sicherheitsniveaus, des Know-Hows des Personals, der technischen Altlasten, der speziellen personalen Kontexte sowie nicht zuletzt der Kosten gibt. Trotz des großen Regelungsbedarfs steht eine juristisch fundierte Diskussion zur rechtlichen Einordnung von Mailinglists, mit Ausnahme einiger eher kursorischer Kommentare, bislang aus. Allein die Entscheidung darüber, ob Mailinglists als Teledienst, und datenschutzrechtlich damit dem Teledienstedatenschutzgesetz (TDDSG) als Artikel 2 des umfassenden Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetzes (IuKDG), oder als Mediendienst aufzufassen sind, und damit dem Mediendienstestaatsvertrag (MDSV) zuzuordnen, ist nicht einfach zu treffen.(Endnote 19) Spindler macht in seinem Kommentar für den Geltungsbereich des TDDSG die rechtliche Zuordnung von Mailinglists davon abhängig, ob diese für einen eingeschränkten, "überschaubaren" Teilnehmerkreis eingerichtet wurden, dann gelte das TDDSG, oder ob Mailinglists einem "unbegrenzten Teilnehmerkreis offenstehen und redaktionell gestaltete Nachrichten versenden", dann gelte das MDSV. Ausdrücklich heißt es jedoch: Falls eingehende Mails nur automatisch vervielfältigt, aber nicht redaktionell betreut würden, gelte das MDSV nicht, entsprechend Abs. 4 Nr. 3 (vgl. Spindler in Roßnagel 1999: 2/27). Insofern wären die hier untersuchten Mailinglists nicht dem MDSV zuzuordnen. Liest man dagegen Meier, einen Kommentatoren für den Geltungsbereich des MDSV, so empfiehlt dieser ebenfalls eine Einzelfallprüfung und fügt als weiteres mögliches Zuordnungskriterium die Anzahl der Teilnehmer hinzu (vgl. Meier in Roßnagel 1999: 2/27).(Endnote 20) Man bekommt mehr Klarheit in die rechtliche Situation, wenn die verschiedenen Organisationsformen von Mailinglists unterschieden werden, die auf der basalen Mailinglist-Technik, nämlich E-Mails an eine endliche Liste von E-Mailadressen zu schicken, aufsetzen. Entsprechend den obigen Unterscheidungen einiger typischer Mailinglists-Organisationsformen unterstehen Projektmailinglists vermutlich am eindeutigsten dem Teledienstgesetz. Elektronische Zeitschriften, Presseverteiler oder Werbebroschüren, die auf Mailinglist-Technik aufsetzen, unterstehen dagegen dem Mediendienste-Staatsvertrag. Bei den Diskursforen ist die Zuordnung zum MDSV formal relativ eindeutig für den Fall, dass sie moderiert, also redaktionell betreut werden. Bei offenen, unmoderierten Diskursforen mit allseitigem Publikationsrecht, wie es auf die hier untersuchten Mailinglists zutrifft, liesse sich die Zuordnung gemäß Meier von der Anzahl der Mitglieder abhängig machen, so dass sich beispielsweise die hier untersuchten Mailinglists mit ihren jeweils über 400 Mitgliedern sicherlich dem MDSV zuordnen liessen. Aber ob diese tatsächlich nicht als Individualkommunikation, sondern als ein "(...) an die Allgemeinheit gerichteten Informations- und Kommunikationsdienst" (§2 MDSV, Abs. 1) zu verstehen sind? Eine solche Interpretation könnte mit dem Selbstverständnis der aktiven Teilnehmer solcher Diskursforen kollidieren. Während passive Mitglieder ein Diskursforum womöglich im Modus einer elektronischen Zeitschrift benutzen, könnten es gerade zumindest einige der aktiv schreibenden Teilnehmer eine Mailinglist sein, die die Mailinglist eher als einen anregenden, unverbindlich-spielerischen Plauschkreis unter Gleichgesinnten wahrnehmen. Einige der Kommentare aus dem nachfolgenden empirischen Teil dieser Untersuchung weisen jedenfalls auf ein solches Verständnis von Mailinglists hin. Wenn die "Überschaubarkeit" der Empfängergruppe als Kriterium für die Zuordnung eines Diskursforums herangezogen wird, dann sollte diese, trotz des Vorteils der einfachen Operationalisierbarkeit, nicht anhand der Anzahl der E-Mail-Adressen, sondern anhand der Anzahl der möglichen Empfänger eines Beitrags bemessen werden. Beides ist ja, wie bereits kurz diskutiert, nicht zwingend deckungsgleich. Die Frage wäre demnach, in welchem Maße die Beiträge einer Mailinglist kontrollierbar diffundieren. Im Falle interner Projektmailinglists beispielsweise darf man davon ausgehen, dass die Beiträge ganz überwiegend nur die eingeschriebenen Mitglieder erreichen, eine entsprechende Übereinkunft unter den Mitgliedern vorausgesetzt. Dies kann genau so auch bei sehr großen mitgliederstarken, offen zugänglichen Mailinglists der Fall sein. Insofern ist dies ein Plädoyer dafür, Diskursforen auf Basis von Mailinglist-Technik zunächst grundsätzlich als einen Teledienst einzustufen und nur in Zweifelsfällen eine Abschätzung über den Grad der über die E-Mailadressen der Mailinglist hinausgehende, praktisch unkontrollierbare, anonym-broadcastsenderartige Diffusion von Beiträgen vorzunehmen.(Endnote 21) Die Zuordnung einer Mailinglist zu einem der beiden Gesetze ist bei einer ganzen Reihe an Fragen von Bedeutung. Wird eine Mailinglist beispielsweise dem MDSV zugeordnet, würden an den Mailinglistbetreiber, wer auch immer damit dann konkret gemeint ist, im Vergleich zum einem Anbieter gemäß TDG erhöhte Anforderungen der "Anbieterkennzeichnung" (§6) gestellt: Dieser muss seinen ständigen Aufenthalt im Inland haben, zur Bekleidung öffentlicher Ämter berechtigt sein und über eine volle Geschäftsfähigkeit und unbeschränkte Strafverfolgbarkeit verfügen. Desweiteren sind im MDSV explizit Themen und Arten ihrer Behandlung aufgeführt, zu denen keine "Mediendienste", sprich öffentliche Mailinglists mit vielen Hundert Mitgliedern angeboten werden dürfen, wie etwa Kriegsverherrlichung, Verharmlosung von Gewalttätigkeiten, Pornografie usw. (vgl. §8). Desweiteren haben die Nutzer, also die Mailinglistmitglieder, mehr Rechte bezüglich ihres Auskunftrechts gegenüber dem Anbieter (Mailinglistbetreiber). Darüberhinaus muss auch Nichtmitgliedern(!) einer Mailinglist, die unter das MDSV subsummiert würde, unter Umständen ein Recht auf Gegendarstellung gewährt werden. Diese Regelung dürfte insbesondere dann eine Rolle spielen, wenn eine Mailinglist mit einseitigem Publikationsrecht oder moderiert ausgelegt ist und Mitglieder keinen unmittelbaren Einfluß auf die Beiträge nehmen können. Zweifelsfrei dürfte für Mailinglists natürlich dasjenige gelten, was nach beiden Gesetzen gilt: Personenbezogene Daten dürfen nur dann verarbeitet werden, wenn eine Rechtsgrundlage vorliegt und der Betroffene bzw. Nutzer in die Verarbeitung der Daten explizit eingewilligt hat. Ungleich weniger zweifelsfrei läßt sich jedoch wiederum die tatsächliche Bedeutung dieser Regelungen für Mailinglists feststellen. Man kann zwar den Standpunkt vertreten, dass eine Subscribtion als Einwilligung in die Verarbeitung von Daten im Rahmen der üblichen Verwaltung von Mailinglists gelten darf, doch enthält dieser Standpunkt zwei Schwachpunkte: Erstens ist es fraglich, ob sich der Subscribent zuvor über die Art der Verarbeitung seiner Daten seitens des Mailinglistbetreibers informiert hat bzw. informieren konnte. Dazu gehört beispielsweise das Wissen darüber, wer welche Daten zu welchem Zweck speichert, verarbeitet, wem übermittelt und wie lange dies jeweils geschieht (vgl. § 3 Abs. 5 TDDSG bzw. §12 Abs. 6 MDSV). Zweitens sind die Ansprüche des TDDSG an die Einwilligung seitens eines Nutzers einer datenverarbeitenden Stelle eigentlich hoch: Ein Nutzer muss seine Zustimmung entweder traditionell schriftlich auf Papier fixiert oder mit Hilfe einer digitalen Signatur, wie im IuKDG ausgeführt, abgesichert geben. Beides ist im Umgang mit Mailinglist bislang vollkommen unübliche Praxis. Desweiteren gilt bei beiden Gesetzen grundsätzlich, dass die Verarbeitung der Daten durch die datenverarbeitende Stelle nur insoweit geschehen darf, wie sie für die Aufrechterhaltung des Betriebs erforderlich ist. Die datenverarbeitende Stelle (bzw. ein Anbieter) hat dabei die Gebote der Datensparsamkeit und Datenvermeidung zu beachten. Diese Anforderungen sind durchaus nicht unproblematisch, wenn man an einen Interessenten denkt, der vor dem Subscribieren einer offen zugänglichen Mailinglist etwa auf Abschaffung der Abrufmöglichkeit der Mitgliederliste(Endnote 22) besteht, wenn es zugleich gerade im Sinne der Steigerung des persönlichen Datenschutzes eines Nutzers sein kann, wenn dieser sich vor der Publikation eines Beitrags vergewissern möchte, wer in der Mailinglist mitliest und dann gegebenenfalls von einer Publikation absieht. Wichtiger jedoch ist die Klärung der Frage, wer bei einer Mailinglist als Anbieter oder datenverarbeitende Stelle ausgewiesen ist. Gemäß obiger Differenzierung des Personals kämen dafür der Besitzer, der System-Administrator, der Mailinglistowner und eventuell auch der Moderator, von den weiteren sinnvollen Differenzierungen abgesehen infrage. In der Regel stehen nur der Besitzer und der System-Administrator in einem explizit vertraglich geordneten Rechtsverhältnis. Die Mailinglistowner und Moderatoren arbeiten dagegen in den meisten Fällen bei offen zugänglichen Mailinglists ehrenamtlich, und selbst dieses Verhältnis wird in der Regel nirgends als ein solches festgestellt. Auch wenn klargestellt werden kann, wer als Betreiber zu gelten hat, ist das Verhältnis zwischen Betreibern und Mitgliedern eine weitere offene Frage. Womöglich liesse sich dieses Verhältnis annähernd mit einem "Kundenverhältnis" gleichsetzen, wobei der Begriff der "Geschäftsmäßigkeit" auf "Regelmäßigkeit oder auf Wiederholung ausgerichtet" ist. Diese Klärung hätte allerdings wiederum zur Folge, dass jeder Netzteilnehmer im Internet recht schnell datenverarbeitende Stelle werden kann, allein dadurch, dass er Beiträge von Mailinglists archiviert. Solange dies im stillen Kämmerlein abläuft, spielt es keine Rolle. Aber wenn Dritten die Nutzung oder Auswertungsergebnisse personenbezogener Daten angeboten werden, dann erreicht man den Gesetzesbereich. Dabei kommt die Sachlage weiter erschwerend hinzu, dass für wissenschaftliche Zwecke wiederum Ausnahmen gelten, die für die hier vorgelegte Studie in Anspruch genommen werden. Mit Bezug auf Mailinglists bleibt demnach festzuhalten, dass a) weder die Rechtsgrundlage in jedem Falle als gesichert noch b) Schriftlichkeit bzw. digitale Signatur bei der Einwilligung in die Datenverarbeitung als gegeben noch c) als hinreichend spezifiziert gelten kann, was als datenverarbeitende Stelle zu gelten hat und d) wie das Verhältnis zwischen Betreiber und Nutzer einzuordnen ist. In dieser gegenwärtig unübersichtlichen Situation behilft man sich seitens des Datenschutzes damit, dass hier zum einen im TDG vorausschauend die Einwilligungsanforderungen übergangsweise etwas zurückgeschraubt wurden. Zum zweiten wird der Ansatz verfolgt: "Wer sich in Gefahr begibt, muss wissen, worauf er sich einläßt.". Drittens finden sich in den seit wenigen Jahren eigens angefertigten Broschüren sowie den jährlich publizierten Tätigkeitsberichten der Datenschützer jede Menge Informationen zum sicheren Umgang mit dem Internet. Dort werden zunehmend ausführlicher Tools für den Selbstdatenschutz besprochen oder auf den Websites angeboten. Dieser anders als pragmatisch kaum gangbare Weg wurde u.a. durch Alexander Roßnagels "Ohnmacht des Staates" juristisch vorgezeichnet (vgl. Roßnagel 1997), indem er den Juristen klar vor Augen führte, wie sehr sie in Bezug auf die neuen Kommunikationmedien in ihrer traditionellen Begrifflichkeit schwimmen. Festhalten darf man trotz aller Probleme bei der rechtlich korrekten Zuordnung, dass es wünschenswert wäre, wenn insbesondere die datenschutzrechtlich relevanten Selbstbindungen der Mailinglistbetreiber in deren Netiquetten formuliert wären und dadurch zumindest ein breiteres Bewußtsein für die eigentümliche Datenschutzproblematik, die seitens der Datenschutzinstitutionen einen "neuen Datenschutz" erfordert (vgl. Bäumler 1998), im Internet entstünde. Diese Problemkonstellationen lassen sich aus meiner Sicht als weitere Indikatoren für das Ausmaß der Veränderungen interpretieren, die mit der breiten Nutzung des Internet einhergehen (vgl. Weichert 2000). Unter Datenschutzperspektive gilt für den Alltag der Mailinglistnutzung, dass alle Beteiligten generell auf Datenvermeidung bzw. Datensparsamkeit achten und zugleich auf möglichst viel Transparenz und Kontrollmöglichkeiten durch die Nutzer selbst setzen sollten. 2.7 Das KonfliktmanagementZur Konfliktregulation von sozialen Kontakten über das Netz wurden einige netzeigene Instrumente entwickelt. Generell sind in den RFC-Texten ("Request-For-Comments") die empfohlenen Standards für das technische und organisationelle Funktionieren der Netzkommunikation niedergelegt. Um die enorme Gestaltungsmacht von System-Administratoren einzuschränken, wird in besonders sensiblen Fällen, beispielsweise bei der Verwaltung von Verschlüsselungssoftware, auf die Einhaltung eines Mehraugen-Prinzips geachtet.(Endnote 23) Für die Ebene der thematischen Netz-Kommunikation bemessen sich Regelverstöße an der Netiquette:
Die Netiquette, die zwar insbesondere für die Teilnahme an öffentlichen Newsgroups des UseNet formuliert wurde, aber inzwischen als verallgemeinert für alle Diskursforen des Netzes gilt, wird in ihrer deutschen Version zum Beispiel regelmäßig in der Newsgroup de.newusers veröffentlicht. Lutz Donnerhacke, einer der Koordinatoren des deutschsprachigen Teils des UseNet, führt dazu aus (Donnerhacke 1996: 74):
Eine Zusammenstellung weiterer Empfehlungen zur Abwicklung effizienter E-Mailkommunikation findet sich bei Freiermuth (vgl. Freiermuth 2000: 96):
Das Berufen auf derartige Empfehlungen zur externen Regelung von Konflikten verschafft einem Mailinglistowner oder einem Moderator für seine Handlungen jedoch keine verläßliche Legitimation, weil zum einen bei Verstößen seitens der Nutzer ein großer Ermessensspielraum verbleibt und zum anderen keine Sanktionsformen ausgewiesen sind. Deshalb verbleiben als Erwartungsregulierer meist nur Flames, also drastisch formulierte, oftmals ironische, polemische oder auch gezielt verletzende Widersprüche durch andere Teilnehmer der Mailinglist. Zur Steigerung ihrer rechtlich problematischen Stellung schicken Mailinglistowner und Moderatoren einiger Mailinglists beim Eintritt eines neu eingeschriebenen Mitglieds als erste eine E-Mail mit der allgemeinen Netiquette, der speziellen Nutzungs-Policy für diese Mailinglist sowie in ganz wenigen Fällen auch noch einen Quasi-Nutzungsvertrag zu.(Endnote 24) Aber auch diese zusätzlichen Regelwerke steigern das Rechtsniveau bzw. die Legitimation der exekutiven Funktionsträger (Betreiber, Sysadmin, Mailinglistowner, Moderator) insbesondere offen zugänglicher Mailinglists nur in einem unzureichend geringen Maße. Die Legitimation eines Regelwerks gründet üblicherweise in einer über positives Recht verfügenden Gesellschaft auf dem Verfahren, mit dem ein Regelwerk zustande gebracht wurde. Gesellschaftlich anerkannt ist in diesem Sinne die demokratische Selbstbindung der Beteiligten sowie die verfahrensmäßige Anbindung an das allgemein bestehende, positive Recht. Wenn ein Mailinglistbetreiber einer offen zugänglichen Mailinglist auf Grundlage des von ihm abgefaßten Regelwerks agiert, das keine formal-rechtliche Anbindung erkennen läßt und allen Neumitgliedern bei deren Anmeldung automatisch zugeschickt wird, dann kann er sich zwar darauf berufen, dass ein Neumitglied dieses Regelwerk qua Fortsetzung der Mitgliedschaft anerkennt, doch bedeutet dies letztlich wenig anderes als ein Verschieben der Willkür des ad-hoc-Eingreifens in die willkürliche Erstellung eines solchen Regelwerks. Um aus dieser Grauzone der Legitimation zunächst einmal mit Bordmitteln herauszukommen, sind bislang Nutzer und Betreiber einiger Mailinglists dazu übergegangen, tiefgreifende Entscheidungen - die beispielsweise das Regelwerk, die Organisationsform, den Einschluss oder Ausschluss von Mitgliedern oder die befristet-pauschale Mandatserteilung insbesondere des Mailinglistowners oder Moderators betreffen -, durch Mehrheitsbeschlüsse unter den Mitgliedern herzustellen und abzusichern. Andere Listen setzen auf Initiative von Mitgliedern ein Verfahren ingang, das ebenfalls mit einer Mehrheitsentscheidung abgeschlossen wird und analog dem Verfahren zur Einrichtung neuer Newsgroups funktioniert: Ein Teilnehmer startet ein RfD ("Request for Discussion") und initiiert formal dadurch eine in der Regel mindestens 14 Tage währende Diskussionsphase. Anschliessend folgt ein CfV ("Call for Vote"), eine in der Regel mindestens 7 Tage währende Abstimmungsphase (vgl. Donnerhacke 1996; Rost 1999b). Die Entmachtung des Mailinglistowners durch derart demokratische Rückbindungen an Entscheidungen der Mitglieder einerseits bedeutet andererseits eine Steigerung seiner Legitimation durch Absicherung der bisher weitgehend ungesicherten politisch-rechtlichen Position der Mailinglist-Exekutive. Während die Legitimation des Mailinglistowners und des Moderators problematisch ist, haben es Mailinglist-Besitzer und System-Administratoren gegenüber den Nutzern von Mailinglists dadurch leichter, weil diese den Betrieb einer Mailinglist überhaupt erst möglich machen. Jemand muss als Bedingung der Möglichkeit einer Mailinglist die technische Infrastruktur bezahlen und diese Infrastruktur dann technisch angemessen betreiben. Zwar haben Betreiber und Aministrator dadurch auch die praktisch größte Verfügungsgewalt über ihre Mailinglists inne, doch ist dieser Aspekt machtpolitisch weniger bedeutungsvoll, als es zunächst erscheinen mag. Denn zum einen sind Mailinglist-Betreiber auf die Teilnehmer ihrer Mailinglist angewiesen, weil erst gehaltvolle Debatten eine Mailinglist attraktiv machen, so dass es für thematisch Interessierte zu einem "must" wird, sich in diese Mailinglist einzuschreiben. Zum zweiten steht es jedem anderen E-Mail nutzenden Netzteilnehmer frei, selbsttätig eine Mailinglist nach eigenem Ermessen einzurichten, zu betreiben und an strategisch empfehlenswerten Stellen im Netz (sprich: durch Anmelden in Suchmaschinen und Katalogen) zu bewerben.(Endnote 25) Es kann nach dem bisher gesagten insofern nützlich sein, offen zugängliche von öffentlichen Mailinglists zu unterscheiden. Als öffentliche liesse sich eine Mailinglist bezeichnen, an der keine private Trägerschaft besteht, die Subscription automatisiert erfolgt und eine allseitige Publikationsberechtigung ohne Moderation gegeben ist. Darüberhinaus sollten in einer öffentlichen Mailinglist die Regeln kenntlich gemacht sein, die die Mitglieder und die Exekutive einer Mailinglist in ein klar geregeltes Verhältnis zueinander setzen. Bislang spielt diese Unterscheidung in der Literatur allerding keine Rolle: Wenn dort von öffentlichen Mailinglists die Rede ist, dann im Sinne dieses Textes als offen zugängliche Mailinglists. Eine Steigerung der rechtlichen Einbindung des Personals von Mailinglists (bzw. der Mailinglists selber) ist spätestens dann zu erwarten, wenn das Einhalten datenschutzrechtlicher Bestimmungen zu personenbezogenen Verkehrs- und Inhaltsdaten zur tatsächlich eingeübten Praxis werden muss -, und/ oder wenn für das Betreiben und für die womöglich redaktionelle Betreuung von Mailinglists Geld gezahlt wird und somit die Nutzer auch stärkere Rechtsansprüche als bislang an die Betreiber von Mailinglists stellen. EndnotenEndnote 1: Zum Einschreiben in eine Mailinglist muss in der Regel eine E-Mail mit dem Befehl subscribe Name_der_Mailinglist Vorname Nachname an die Verwaltungsadresse des Mailinglists-Servers geschickt werden. Das Austragen aus der Mailinglist geschieht mit unsubscribe Name_der_Mailinglist. Diese Befehlssyntax hat sich als Defacto-Standard unter den wichtigsten Programmen zum automatisierten Ein- und Austragen von neuen Mailinglist-Mitgliedern herausgebildet. Allerdings weicht der neue Stern am Himmel der Mailinglistsoftware ezmlm von diesem defacto-Standard ab, weil hier die Befehle als Namensbestandteil der E-Mailadresse unterzubringen sind. - zurück - Endnote 2: Trotz Bedenken gegen eine Sprache, die ein Geschlecht bevorzugt, wird fortan bei Gattungsbegriffen oder Beispielen aus stilistischen Gründen auf die konsequente Berücksichtigung auch der weiblichen Wortformen verzichtet. - zurück - Endnote 3: Das tatsächlich zu erzielende Maß an Bestimmbarkeit des Sets an Empfängern ist beispielsweise dann von Belang, wenn eine Mailinglist juristisch als ein auf das Birektionale zielender Teledienst oder als ein auf ein Broadcasting-Modell zielender Mediendienst eingestuft werden soll. Dieser rechtlich bedeutsame Unterschied wird später noch genauer verfolgt werden. - zurück - Endnote 4: Auch dieser Aspekt wird im Verlauf der Studie gründlicher angesprochen werden. - zurück - Endnote 5: Einen Überblick zu Newsletter, die auf Mailinglist-Technik ausetzen, ist zu finden bei Goltzsch (Goltzsch 2000). - zurück - Endnote 6: Dies liesse sich für den hier angestrebten, spezifischen Fokus auf sozialwissenschaftlich orientierte Mailinglists anhand der Newsgroups alt.sci.sociology und de.sci.soziologie beispielhaft nachweisen. - zurück - Endnote 7: Protokolle von Chats lassen sich, auch wenn sie maschinell nachbereitet werden, kaum lesen, wie ein entsprechendes Experiment von Kristian Köhntopp belegt. - zurück -
Endnote 8: Patrick Goltzsch hat ein paar Beobachtungen und
Überlegungen zum Scheitern von (gerade auch engagiert
betriebenen) Webforen zusammengetragen
Endnote 9: Dieses Mailinglistpaket ist auf jeder aktuellen Linux-Distribution enthalten. - zurück - Endnote 10: Bei einem Digest werden Pakete mit mehreren Beiträgen in einem festen wöchentlichen oder monatlichen Rhythmus oder nach dem Erreichen eines bestimmten Umfangs zugeschickt. - zurück - Endnote 11: Der Unterschied zwischen einer manuell und einer vollautomatisch betriebenen Mailinglists zeigt sich insbesondere im Umgang mit Fehlern: Während ein Automat eine E-Mailadresse aus der Mailinglist streicht, sobald eine gewisse Zeit verstrichen oder eine definierte Anzahl von Fehlermeldungen über die Nichtzustellbarkeit von Beiträgen eingetroffen ist, bemüht sich ein Mailinglistowner zumeist darum, den Ursachen solcher Fehlermeldungen nachzugehen, um auf jeden Fall unberechtigte Löschungen von E-Mailadressen zu vermeiden. - zurück - Endnote 12: In den Manuals einiger Mailinglistprogramme ist statt von offen oder geschlossen zugänglichen Mailinglists von öffentlichen oder privaten Mailinglists die Rede. Die Unterscheidung privat/ öffentlich soll der Bezeichnung der Besitzverhältnisse an einer Mailinglist vorbehalten werden. - zurück - Endnote 13: Eine über das Internet geschlossen operierende Mailinglist sollte sinnvollerweise ihre Mails verschlüsselt zustellen. Weil es im Bereich der Mailverschlüsselung noch immer an einem weithin durchgesetzten Standard mangelt und die üblicherweise eingesetzten Mailinglistpakete Verschlüsselung (deshalb) bislang nicht unterstützen, kann man sich bei einem Mailverteiler auf einer Unix-Maschine zumindest mit folgendem Workaround behelfen. Auf der Basis des Mailfilters procmail und des Verschlüsselungprogramms PGP (bzw. GnuPGP oder GPG) lassen sich Mails, die mit dem öffentlichen Schlüssel des Mailverteilers kodiert an den Mailverteiler geschickt werden, automatisch dekodieren und mit den öffentlichen Schlüsseln der einzelnen Mailinglistmitglieder kodiert zustellen. Wenn dem Betreiber des Mailverteilers vertraut werden kann, ist dies eine für viele Fälle hinreichend sichere Lösung. Bei einem kompromisslos hohen Sicherheitsbedarf müssen verschlüsselte Mails direkt vom Sender an die Empfänger adressiert werden. - zurück - Endnote 14: Meist starteten offen zugängliche Mailinglists zunächst ohne einen Moderatoren. Dann musste aber eine Lösung dafür gefunden werden, dass nicht einzelne Teilnehmer ihre ganz individuellen Sorgen umfangreich und rücksichtslos langwierig ausbreiteten. Die von einem Moderator offensichtlich ausgeübte Zensur wird um die Steigerung der inhaltlichen Qualität und des Funktionierens der Liste willen, in der es nicht um die Entfaltung des "seltsamen Zwangs des besseren Arguments" (Habermas) geht, inkauf genommen. - zurück - Endnote 15: Dabei ist anzumerken, dass die Empfänger der Mitteilungen die technischen Empfangskosten (Netzzugang) übernehmen müssen. - zurück - Endnote 16: Genauer gesagt, des Mail-Transport-Agents. Als MTAs, die über das technische Prozedere von E-Mail bestimmen, kommen typischerweise sendmail, qmail, postfix oder smail zum Einsatz. - zurück - Endnote 17: Bei der Archivierung von Beiträgen stellen sich eine ganze Reihe an weitergehenden Fragen wie etwa die nach der Dauer der Archivierung und ob den Teilnehmern das Recht eingeräumt wird, ihre Beiträge zu korrigieren oder aus dem Archiv entfernen zu dürfen bzw. entfernen zu lassen. Dies spricht auf den Konflikt an, welcher Orientierung der Archivierung von Beiträgen der Primat zukommt: Der historisch-authentischen, wonach nichts am Archiv nachträglich verändert werden darf, oder der sachlich-nutzorientierten Archivierung, wonach etwaige Fehler zwecks Effektivierung der Recherchen Dritter nachträglich behoben und auch problematische Originalbeiträge gelöscht werden dürfen. - zurück - Endnote 18: Deshalb besteht eine Forderung des Datenschutzes im Rahmen der Privacy-Enhancing-Technologies ("PET") darin, unverzichtbare Protokolldaten, die auf Personen rückschliessen lassen, pseudonymisiert abzulegen, so dass bei Bedarf ein Rechtstitel eingeholt werden kann, bevor ein Systemverwalter, etwa für die Verfolgung von Hackversuchen, die Zuordung von Pseudonymen und Realnames herstellen darf. - zurück -
Es empfiehlt sich meiner Ansicht nach, die Bestimmung eines Mediendienstes um einen selbstbezüglichen Aspekt zu erweitern, nämlich dass elektronische Mediendienste darauf hin angelegt sind, weitere Mediendienste einzubeziehen, so dass die Diffusion von Beiträgen, im Unterschied zu denen von Telediensten, prinzipiell nicht bis zur letzten Empfängeradresse rekonstruiert werden kann. - zurück - Endnote 20: Diese wenig übersichtliche Situation der Zuordnung kommentiert Spindler wie folgt:
Endnote 21: Praktisch müsste man für diese Abschätzung jede E-Mail-Adresse versuchen einzuordnen und zu bewerten, ob sie für eine einzelne Person oder für einen weiteren Mailverteiler, den man zu überprüfen hätte, steht. Darüberhinaus müssen zumindest stichprobenartig auch die auf einzelne Personen hinweisenden Adressen überprüft werden, da prinzipiell hinter jeder Adresse ein Automat, der E-Mails beliebig weiterverteilt, stecken könnte. Dann stellt sich die Frage, wie groß der Quotient zwischen den Personen-Mailadressen und den vermuteten Mailverteiler-Mailadressen ausfallen muß, bevor abschliessend die rechtliche Zuordnung der Mailinglist vorgenommen würde. Im Prinzip könnte ja schon eine einzige Adresse ausreichen, von der man nicht erfährt, in welchem Umfang Beiträge an eine unbekannte Gruppe an Mitgliedern weitergeleitet werden. Vermutlich werden sich offen zugängliche, umfangreiche Mailinglists tendentiell in Richtung Mediendienste entwickeln. - zurück - Endnote 22: Die meisten Mailinglist-Serverprogramme bieten den Befehl who an, mit dem die Mitglieder die Liste der Mitgliedermailadressen abrufen dürfen. - zurück - Endnote 23: Das Mehraugen-Prinzip kann z.B. dadurch eingehalten werden, indem der System-Administrator nur einen Teil eines Passworts kennt, und der Personalvertreter oder Vorgesetzte den zweiten Teil eines Passworts, so dass fortan der Sysadmin nur unter Aufsicht agieren kann. Das Betriebssystem AIX unterscheidet bereits auf der technischen Kernelebene System-Administrator-Funktionen. So ist ein Administrator nur für die Vergabe von Zugriffsrechten an Daten und Programmen zuständig, dem anderen Administrator ist allein die Installation und Konfiguration von Programmen und Verzeichnissen erlaubt. Eine ähnliche Unterscheidung zur Einschränkung der operativen Macht kann man, zumindest als Überlegung, auch im Bereich der Mailinglist-Verwaltung finden. In der Dokumentation des Mailinglist-Programms Majordomo ist für eine zukünftige Version neben einem "Group-God", der eine Gruppe von Mailinglists betreut, auch ein Befehls-Verwalter vorgesehen, der Zugriff nur auf bestimmte Befehle hat, und ein davon zu unterscheidender Variablen-Verwalter, dem allein der Zugriff auf eine beschränkte Menge an Konfigurationsvariablen erlaubt sein soll. - zurück - Endnote 24: In einigen Fällen wird darüberhinaus ein Vertrag über die Nutzungsbedingungen der Mailinglist ganz konventionell auf Papier abgeschlossen. - zurück - Endnote 25: Der Betrieb einer Mailinglist ist, abgesehen von absoluten Hightraffic-Lists, keine Frage des Geldes. Jede inaktuelle Linux-Distribution, deren Software auf einem ausrangierten 486er läuft, bringt dafür die Programme mit. Zum Austausch von E-Mail reicht eine uucp-Verbindung an das Internet (vgl. Kirchdörfer et al. 1997). - zurück - |